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Seidenstraße & Pamirs #4 – Durch das eiskalte Kurdistan

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Übersicht

Akçakale, Şanlıurfa, Turkey

Cappadocia, Turkey

Die lokale Story – was so passiert ist

Seitdem ich in Kappadokien eingetroffen war, saß eine riesige dicke, fette Wolke über mir die mich abwechselnd mit heftigem Regen, Hagel, Gewitterstürmen oder Schneefall in Kombination mit Nebel eindeckte. Nachdem man sich in Anatolien in der Regel auf einer Seehöhe zwischen 1500 und 2500 m bewegt, lagen die Temperaturen selten höher als 5 Grad.
Die Pässe waren durchgehend schneebedeckt, meinen geplanten Abstecher zum Nemrut Dag musste ich nach 100 km Serpentinen abbrechen, weil kurz vor dem Ziel die Straße wegen der Schneelage gesperrt war. Laut Wetterbericht war das der Ausblick für die letzten 2000 km bis zur Ausreise nach Georgien.

Hinzu kam, dass ich mich nun wirklich im Osten befand. Die Menschen wurden zwar freundlicher, aber die Straßen außerhalb der Großstädte sind enger und löchriger, teilweise gibt es nur Pisten oder sie waren durch die Traktoren mit Lehm verschmutzt.
An längere durchgängige Fahrten war nicht mehr zu denken, längere Pausen bedingt durch die Kälte oder heftige Gewitter wurden ein Teil der täglichen Fahrt. Die Tageskilometerleistung sank rapide ab, zweimal sogar auf unter 200 km. Meistens war die Kleidung bereits am Vormittag durchnässt, in den Hotelzimmern ohne ausreichende Heizung war sie über Nacht nicht trocken zu bekommen. Die Stiefel füllten sich beim ersten Regen mit Wasser das bis zum Abend nicht mehr raus wollte.
Also alles in allem die perfekten Bedingungen für eine entspannte Motorradreise. Trotzdem musste ich weiter, denn Gürcestan (= türkische Bezeichnung für Georgien) wartete.

Der Abstecher für zwei Tage ins ehemalige nördliche Mesopotamien entlang der syrischen Grenze brachte zwar nicht weniger Regen, aber die Temperaturen waren doch im Schnitt um 5 Grad höher als in den Bergen.
Dies ist der Teil der Türkei, der mir persönlich am Besten gefiel, er erinnerte mich von der Natürlichkeit der Menschen und den Gerüchen in den Gassen an Indien. In den Dörfern wird arabisch gesprochen, Türkisch wenn überhaupt nur in der Schule gelernt. Wenn man irgendwo stehen bleibt, ist man sofort von einer Menge Neugieriger umringt. Die Fragen drehen sich immer um das gleich Thema – wieviel CCM hat das Motorrad und wieviel kostet es. Man merkt eben, es sind in dieser Gegend kaum Touristen anzutreffen, außer im Ort Harran vielleicht.

Hier gibt es bereits die 1. Berührung mit der Seidenstraße – Die Kervanseray von Harran war bereits vor 2100 Jahren eine Anlaufstation für Kamel-Karawanen die zwischen China und dem Hafen Antiochia (heute in Syrien) Handelsgüter transportierten

Die Straße von Akcakale nach Osten, direkt an der Grenze zu Syrien ist eine Schotterpiste in fürchterlichem Zustand und führt durch dutzende kleine Dörfer. Es hatte geregnet, durch den Lehm waren das Motorrad und ich mit Schlamm paniert – den Dreck konnte ich bis jetzt noch nicht zur Gänze von der Maschine bekommen. Außerdem scheint entlang dieser Route die Grenze zwischen der Türkei und Syrien offen zu sein, denn als ich nach ca. 120 km in den nächsten größeren Ort kam, hatte ich so eine Art Grenzübergang zu passieren.

In Mardi war das erste Motorservice nach absolvierten 5000 km angesagt. Nachdem mein Öl ja noch immer die Straßen von Rumänien und Bulgarien versaut, musste erstmal passender Ersatz gefunden werden.
An einer Shell-Tankstelle bekam ich dann auch noch einen Mechaniker gratis dazu – er kannte sich zwar nicht aus, war aber sehr engagiert – ich musste ihn laufend einbremsen, er hätte mir sonst wohl das Motorrad ganz zerlegt. Die Verständigung über Zeichensprache hatte ausgezeichnet funktioniert, die gesamte Tankstellenbelegschaft ist 4h lang einbezogen gewesen, sogar der Senior-Chef ist für das abschließende Foto von zu Hause geholt worden. Ein paar Runden Cay, ein anständiges Trinkgeld für den „Profi“ und wir waren die besten Freunde.

Am nächsten Tag nochmals eine Regenflut die für einen Abbruch nach 150 Km sorgte, dann war die Schlechtwetterfront nach 5 nassen Tagen durchstanden. Die 900 Km bis zur georgischen Grenze durch die ostanatolischen Berge, vorbei am Van-See und am Ararat waren in 2 weiteren extrem kalten (unter 0 Grad) aber trockenen Tagen geschafft. Vor allem die Finger sind mir dabei fast abgefroren. Ich hatte vor der Abreise kurz mit der Idee eine Griffheizung anzuschaffen gespielt, aber die sind ja nur für Weicheier. In diesen Momenten wäre ich gerne eines gewesen….

Die Ruinen der 2800 Jahre alten Festungsanlage von Van.

Meine Kati vor dem Ararat

Nochmals einen letzten Pass mit knapp 2600 m überquert bevor es nach Georgien ging.

Am Grenzübergang zu Georgien kam ansatzweise mit der Bürokratie in Kontakt, die mich ab jetzt an jeder weiteren Grenze zumindest für Stunden, vielleicht sogar für Tage in Anspruch nehmen wird. Gut, dass ich meinen Strafzettel sofort bezahlt hatte, den spätestens hier wäre er wohl fällig gewesen. Meine Papiere wurden auf beiden Seiten sehr genau überprüft und in den EDV-Systemen erfasst. Nach 2 Stunden durch 6 verschiedene Büros und 3 Gatter geschleust, verließ ich schließlich nach 19 Tagen und ca. 4300 Km Fahrt die Türkei ins spürbar wärmere Georgien.

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