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Seidenstraße & Pamirs #5 – Georgien / Tiflis

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Übersicht

Tbilisi, Georgia

Die lokale Story – was so passiert ist

Die ersten 2 Stunden in Georgien waren ein wahrer Schock für mich. Ich war so froh, das kalte Bergland der Türkei verlassen zu können und hatte erwartet, mit Georgien ein Land anzutreffen, dass zumindest den gleichen Standard wie die Türkei aufweist.
Da ich nicht über den Hauptgrenzübergang an der Schwarzmeerküste, sondern über die Berge eingereist bin, hatte ich – was ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht wusste – Georgien über das hinterste Hinterland betreten. Grau in Grau und heruntergekommen sind die kleinen Orte entlang der schlechtesten Straße, die ich je gesehen hatte. Selbst bei 13.000 km durch Indien und Nepal, kann ich mich schwer an vergleichbare Strecken erinnern. Jedenfalls hat dieser Abschnitt gereicht, um diesmal beide Sturzbügel brechen zu lassen.
Noch dazu feierten die Georgier den orthodoxen Ostermontag, im ganzen Land waren alle Banken und Geschäfte geschlossen, die Bankomaten akzeptierten meine Karte nicht. Wegen des horrenden Benzinpreises in der Türkei war der Tank beim Grenzübertritt fast leer, ohne georgische Leira (GEL) am Land zu Tanken war Schwerarbeit, türkische Lira werden selbst im Grenzgebiet nicht akzeptiert. Erst an der 4. Tankstelle gelang es mir einen Tankwart zu überreden, Euro anzunehmen. Der junge Mann war ein bisserl kompliziert, erst nach einer ½ h intensiven Verhandlungen via Zeichensprache hatten wir endlich einen für beide passenden Wechselkurs. Der Spritpreis hat sich wenigstens wieder auf ein erträgliches Niveau eingependelt, kostet ein Drittel im Vergleich zur Türkei.
Schließlich stößt man nach 90 weiteren Kilometern auf die Hauptverbindung zwischen Tiflis und der Schwarzmeerküste – die Straße wird schöner, dafür herrscht dort Krieg. Auf je einer Spur in jede Fahrtrichtung bis zu fünf Autos nebeneinander, wer langsamer als mit 120 unterwegs ist stellt ein Verkehrshindernis dar und lebt extrem gefährlich. Also rein in den Wahnsinn und so schnell wie möglich durch. Unterwegs fällt mir in gleicher Richtung eine BMW mit Schweizer Kennzeichen auf, der Fahrer wird kurz gegrüßt und dann wieder Gas gegeben.
Kurz vor Tiflis, nach einer Rast kommen wir bei einem Stau wieder zusammen – nach einem Gespräch am Straßenrand stellt sich heraus, dass er ebenfalls auf Tour ist und für Tiflis bereits die Adresse einer passenden Unterkunft hatte, also schließe ich mich ihm an und gemeinsam geht’s zu Dodo´s Homestay.

Dabei handelt es sich um eine zentral gelegene, kleine Privatpension in einem Hinterhof ohne Frühstück, vermietet werden Betten. Das Ambiente mit seinen großen und sehr hohen Räumen ist sehr angenehm – leider ist die Einrichtung spärlich und abgewohnt, es wurde seit mindestens 50 Jahren nicht mehr renoviert und sicherlich halb so lange nicht mehr gründlich gereinigt. Aber die Motorräder sind an einem sicheren Ort und der Preis ist mit 15 € pro Nacht vernünftig.

Die ersten beiden Tage ziehe ich mit Tom Büchi, dem Schweizer durch die Stadt. Er ist sehr nett und lustig, nach 3 Wochen wieder einmal Deutsch zu sprechen ist angenehm, wir haben in dieser Zeit einige Biere und ziemlich viel Spaß miteinander. Er ist zur gleichen Zeit wie ich losgefahren und wird insgesamt 10 Wochen unterwegs sein. Er kam mit einer Fähre aus der Ukraine über die Türkei nach Georgien. Sein Ziel ist zuerst der Iran und danach Syrien, bevor er über den Balkan wieder nach Hause fährt.

Weblog Tom Büchi

Dodo´s Homestay ist im Lonely Planet erwähnt, aus diesem Grund trödeln nach Tom´s Abreise so nach und nach die nächsten Reisenden mit den abenteuerlichsten Zielen ein.
Da wäre zum einen der Klaus ein ehemaliger Unternehmer aus Bayern, seit 13 Jahren für jedes Jahr mindestens 6 Monate mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs. Er hat inzwischen die ganze Welt gesehen, bis auf ein paar kleinere Inseln vielleicht….
Diesmal ist er mit Bus, Schiff und Bahn von München aus über die Seidenstraße durch Zentralasien und China bis nach Singapore unterwegs – zurück nach Deutschland geht’s wahrscheinlich wieder mit einem Frachtschiff.

Oder Sam mit Freundin Vicky aus England, mit seiner BMW bereits seit August unterwegs. War bereits in Syrien und Jordanien, sein Endziel ist über Indien und Südost-Asien irgendwann einmal in Australien anzukommen. Das besondere bei den beiden ist, seine Freundin begleitet ihn mit öffentlichen Verkehrsmitteln, nachdem sie auf seinem Motorrad keinen Platz findet. Am Morgen reisen sie getrennt ab, am Abend treffen sie sich am nächsten Bestimmungsort.

Besonders hervorheben möchte ich das französische Paar, dass seit Februar mit dem Fahrrad von Lothringen aus mit dem Ziel Pamir unterwegs ist. Mit 62 und 64 Jahren diese Strecke zu bewältigen, finde ich eine besondere Herausforderung. Die beiden waren übrigens vor 4 Jahren ebenfalls mit dem Fahrrad in Zentralasien unterwegs und mußten für 2 Tage in Turkmenistan ins Gefängnis, weil sie ihr Transitvisum um einige Stunden überschritten hatten. Das kann mir ebenfalls blühen, wenn ich ein Problem mit meiner Fährverbindung bekomme.

Dodo, die „junge“ Alte ist Revolutionärin. Ihr Hinweis, dass im Moment jeden Tag in Tiflis friedliche Demonstrationen gegen den Präsidenten und die Regierung stattfinden, war die Erste Information die wir von ihr erhalten hatten. Sie ist selbstverständlich immer dabei – „Der Präsident ist ein Idiot und korrupt, er richtet das Land zugrunde – er muß weg“ ist ihre Meinung. Die Proteste sollen solange fortgeführt werden, bis die Regierung abdankt. Die Frage nach einem möglichen Nachfolger mag sie überhaupt nicht – „ob Gott oder Teufel ist egal, Hauptsache der Idiot ist weg.“.

 

Innerhalb der Käfige wird geschlafen, getrunken und diskutiert. Nachdem geklärt war, dass ich aus Österreich komme, bekam ich als erste Antwort von den beiden Herren rechts im Bild: Sturm Graz!! Wie es scheint, stellt Fußball sogar die aktuelle Tagespolitik in den Hintergrund, als bekennender Sturm-Fan war ich natürlich besonders geehrt.

Das gemeinsame Ziel ist eine sanfte Revolution, doch sollte es seitens der Staatsmacht Ausschreitungen geben, sind vor allem die Jüngern bereit sich zu wehren.

Tiflis ist eine Stadt mit einer 1500 Jahre alten Geschichte und man spürt das Flair, vor allem wenn man durch die Altstadt spaziert.

Die andere Seite ist die gemeinsame Vergangenheit mit der Sowietunion. Als Zeugen dafür stehen die Plattenbauten in den Wohnvierteln zur Verfügung, wenn jemand den Begriff “Trostlos” am eigenen Leib erfahren möchte, kann ich nur eine ausgiebige Rundfahrt durch die Satelliten-Siedlungen der ehemaligen Sowjetunion empfehlen.

Das georgische Essen ist zwar sehr gut, aber das Bestellen funktioniert nicht so recht, weil leider scheitert man bereits bei durchlesen der Speisekarte.

Deshalb bleibt meistens nichts anderes übrig, als sich mit der Nationalspeise Katschapuri (ist Lautschrift – wie es wirklich geschrieben wird habe ich keine Ahnung) zu begnügen. Das ist eine Art Pizzabrot mit den unterschiedlichsten Füllungen zubereitet. Hauptzutat ist jedenfalls Käse und dann kommt noch Fleisch oder Eier oder sonst irgendwas dazu. Schmeckt hervorragend, ist aber extrem fett.. Anstelle der Kebap-Buden gibt’s hier halt die Katschapuri-Fenster, dahinter werden die Fladen von Frauen frisch gebacken und in die Gasse verkauft.

Die Reparatur meiner Kati war eine eigenartige Geschichte. Die Sturzbügel waren zu schweißen. Auf Vermittlung von Dodo ist ein „Spezialist“ bei mir vorstellig geworden, nach der Preisverhandlung und dem relativ hohen Preis von umgerechnet 10 € hat er 3 mal recht laut und auch für mich verständlich „No Problem“ von sich gegeben. Das Angebot war verlockend, weil er gleich um die Ecke seine Werkstätte hatte. Ich bin dann mit den Teilen mit und war dort so von der Infrastruktur und der Umgebung gefesselt, dass ich den beiden Profis nicht bei ihrer Arbeit auf die Finger geschaut habe – leider.

Das Wohnhaus, die „Werkstatt“ und das Werkzeug (Schweißautomat) der Fachleute

Als ich dann mit den Sturzbügeln wieder beim Motorrad war, mußte ich leider erkennen, dass die Teile falsch zusammengefügt waren, jetzt zwar hielten aber dafür nicht mehr passten. Nachdem ich die Beiden mit der Lösung des Problems nicht mehr belästigen wollte gings auf die Suche nach einer wirklichen Werkstätte.
Hatte nach einiger Zeit eine gefunden und auch noch das Glück gehabt, dass dort ein Kunde anwesend war, der Englisch sprach. Die Burschen waren kompetent und extrem nett. Die Vorgeschichte sorgte für allgemeine Erheiterung. Wohl deshalb wurde ich während der Wartezeit auf ein paar halbierte Blechdosen voll selbstgemachten Wein eingeladen und zum Schluss nahmen sie keine Bezahlung von mir an.

Leider mußte ich erfahren, daß meine Kati nicht länger als 72 Stunden in Azerbaidjan bleiben darf, obwohl ich ein Visum für 30 Tage besitze. Ich möchte die Fähre nach Turkmenistan am 30. April erreichen (wenn überhaupt eine geht – genaues weiß man leider nix), also kann ich frühestens am 28. in der Früh einreisen. Ursprünglich wollte ich noch für 2-3 Tage nach Jerewan in Armenien fahren, dort regnet es aber für die nächsten 10 Tage. Also werde ich wohl von Tiflis aus einige Ausflüge in den Kaukasus machen.

LG bis zum nächsten Mal.

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