Auckland, New Zealand
Der Nachtflug von Tokyo nach Auckland bedeutete 11 schlaflose Flugstunden, 5 Filme aus der bordeigenen Videothek, 2 x Essen und mindestens 2 Liter Wasser. Das ich überhaupt an Bord durfte war mehr dem Glück, der Eselsgeduld und dem Entgegenkommen einer japanischen Check-In Hostess am Schalter der New Zealand Airways geschuldet, als dem eigenen zutun.
Pünktlich 2 Stunden vor Abflug war ich am Schalter des Tokioter Flughafens und hatte beim Ausstellen des Tickets die belanglose Frage „Sie fliegen dann weiter nach Australien?“ wahrheitsgemäß mit Ja beantwortet. Alle meine Destinationen auf dieser Reise bis einschließlich zurück nach Wien sind in einem Multi-Destinationen-Ticket zusammengefasst und die nächste Station nach Neuseeland ist eben Sydney. „Darf ich bitte ihr Australien-Visum sehen – ohne gesichertes Visum für ihre anschließende Destination darf ich sie nicht an Bord nehmen“. Aha – wieder etwas gelernt. Ich wollte dieses Visum eigentlich entspannt in Neuseeland organisieren, aber so wie in diesem Moment die Faktenlage war, wohl etwas zu spät. In meiner gewohnten Manier hatte ich natürlich zu diskutieren begonnen und eine Reihe von Gründen aufgezählt, warum es trotzdem gehen sollte und sie mir die Boarding-Karte ruhig ausstellen kann. Jedesmal wenn ich dachte, sie mit den Argumenten überzeugt zu haben, ist sie mit ihren extrem kurzen Schritten an der Rückseite des Schalters in ein Büro getrippelt, hat sich kurz mit dem Manager unterhalten und mir dann mit dem gleichen Lächeln, mit dem sie wieder raus gekommen war gesagt: “ Sorry Sir, not possible“.
Nach relativ angespanntem hin und her war ihr irgendwann endlich in den Sinn gekommen, dass man dieses Visum vielleicht auch Online registrieren kann – sozusagen als letzte Option vor dem emotionalen Super-Gau. Ich wusste nicht, ob es möglich ist und nachdem meine internetfähigen Geräte alle stromlos waren, hatte ich sie sehr höflich aber bestimmt darum gebeten, es doch mit ihrem Pad zu versuchen. Zum Umbuchen des Tickets wäre es so kurz vor dem Abflug schon zu spät gewesen, wenn ich also nicht an Bord gekommen wäre, hätte ich ein neues kaufen müssen.
Die entsprechende Internet-Seite war zwar schnell gefunden, aber etliche Versuche der Online-Registrierung scheiterten. Etwa 15 Minuten vorm Boarding sind wir gemeinsam darauf gekommen, dass in meinem Fall doch nicht die Registrierungs-Seite für Japaner gültig ist, sondern jene für EU-Bürger. Also auf ein Neues. Beim ersten Versuch mit der richtigen Adresse hatte es dann geklappt, die Online-Registrierung konnte abgeschlossen werden und postwendend kam per Email eine Nachricht – allerdings nur mit einer ausgewiesenen Rechnung von 0,- € und dem Hinweis, mein Ansuchen werde geprüft und in einem nicht bestimmten Zeitraum bearbeitet. Jetzt brannte er wirklich, der besagte Hut.
Zu diesem Zeitpunkt hatte die 150 cm hohe Iki Nanako wahre Größe bewiesen und diese Rechnung, obwohl nichts berechnet wurde als Indikator dafür gewertet, dass ich das Visum wahrscheinlich irgendwann bekommen werde. Die Board-Karte war schnell ausgedruckt und nachdem sie sich mehrmals bei mir dafür entschuldigt hatte, dass sie mir mehr als eine Stunde Probleme bereitet und mich so lange aufgehalten hatte, ging’s im Laufschritt durch die Sicherheitskontrolle direkt in die Kabine. Als ich dann in Auckland von Bord ging, erhielt ich die Nachricht, dass mein Australien Visum bewilligt sei.
Ich habe irgendwo gelesen, dass Auckland Downtown für sich den Anspruch nimmt, zu den großen Städten dieser Erde zu gehören. Ich bin direkt im Zentrum in der Nähe des Hafens in der Fort Street für mehrere Tage in einem kleinen Hotel abgestiegen. Das Erste was mir aufgefallen war ist, dass Auckland dem nicht gerecht werden kann. Im Vergleich zu internationalen Städten wie Tokyo, New York, London, Berlin oder Wien ist alles etwas kleiner, unordentlicher, improvisierter.
In der ersten Liga ist man allerdings bei der nächtlichen pöbelhaften Lärmentwicklung. Ich kenne so etwas eigentlich nur aus indischen Städten – dort übernehmen in der Nacht die Straßenhunde das Kommando und ziehen heulend in Rudeln durch die Straßen. Hier in Auckland sind es die Jugendlichen, die bis 5 Uhr morgens grölend in Horden offensichtlich betrunken durch die Straßen ziehen oder mit ihren gefühlt auspufflosen Motorrädern so richtig Gas geben. Der Widerhall der Häuserschluchten lässt glauben, das Gefährt steht direkt neben dem Bett im Zimmer. Lärmbelästigung als Ordnungswidrigkeit kennt man hier offensichtlich nicht.
Seit meiner Abreise aus Österreich hatte ich nicht mehr richtig geschlafen und in diesem Teil der Stadt war es für mich auch nicht möglich, Nachtruhe zu finden. Umziehen wollte ich nicht, also war der Entschluss rasch gefasst, den Aufenthalt in Auckland so kurz wie möglich zu halten und in Richtung Norden, dem Ausgangspunkt des Trails weiterzureisen. Mein persönlicher Tiefpunkt war in der letzten Nacht vor der Abreise. Ich hatte noch kaum ein Auge zugemacht, als sich um ca. 2 Uhr morgens ein Straßensänger direkt unter mein Fenster dazu entschlossen hatte, bis 4 Uhr in der Früh zu seinen Gitarren-Akkorden zu singen. Abgesehen davon, dass er wirklich nicht Singen konnte, beherrschte er nur 2 Lieder – Hotel California und irgendeine mir unbekannte, weinerliche Ballade. Jedesmal wenn eine Gruppe Jugendlicher vorbeikam, wurden in den Text eingestimmt – was zwar nicht die Qualität hob, dafür aber die Lautstärke. Für die jungen Leute war das aber auch egal, weil sie zogen nach einem Lied wieder weiter, für mich begann die nächste Runde.
Die Region Auckland ist mit etwas mehr als 5.000 km² von der Fläche in etwa 8x so Groß wie Tokio Stadt, beherbergt aber ungefähr nur 1/7 der Einwohner. In diesem Punkt ist Auckland für mich wirklich Weltspitze. Die ganze Stadt scheint – abgesehen von Downtown – eine riesige Vorstadt-Siedlung, mit vielen lokalen kleinen Zentren, in denen sich das Dorfleben abspielt.
Dieses Flair in den, zum Teil im kolonialen Stil erbauten, sehr grünen Wohnsiedlungen ist schon etwas ganz besonderes. Es gibt einen Coast-to-Coast Wanderweg vom Hafen des Zentrums ausgehend bis an das andere Ende zur nächsten Küste. Da ist man schon einige Stunden unterwegs, aber man kommt an den meisten wichtigen Sehenswürdigkeiten vorbei und man kann so richtig in das Leben eintauchen.
Auf dieser Coast-to-Coast Wanderung kommt man auch durch einige der zahlreichen Parks, nachdem hier gerade der Frühling beginnt – vergleichbar mit ist es etwa Ende März – schlagen die Bäume aus und beginnen die Blumen zu blühen.
Die Kirschen befinden sich noch in voller Blüte, was solche Parkwanderungen zum Erlebnis macht. Viele der Anwohner der angrenzenden Stadtbezirke treffen sich dann in den Parkanlagen um sich auszutausche oder, wie einige Kiwi’s der Neuseeländischen Form des Fußballs nachzugehen – dem einzigartigen KiwiBubbleSoccer…
Das ist Fußball mit Airbag – für den Zuseher eine herrliche, sehr amüsante Sportart. Tore werden nicht viele geschossen, dafür kann es passieren, dass nach einem Foul der Gefoulte mehrere Meter wegrollt.
Jetzt geht’s aber weiter in den Norden – in Richtung Cape Reigna auf den Trail.
Lg Heinz – bis bald.