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#14 – Ujjain Kumbh Mela 2016

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Übersicht

Ujjain, Madhya Pradesh, Indien

Die lokale Story – was so passiert ist

Vorab eine kleine Auswahl an interessanten Gesichtern bei der Kumbh Mela 2016 in Ujjain.

Kumbh Mela bedeutet übersetzt das „Fest des Kruges“ und ist das größte religiöse Fest der Erde. Dieses Fest findet abwechselnd im 3-Jahres-Rhythmus in 4 verschiedenen Städten des Landes, die alle an unterschiedlichen heiligen Flüssen liegen, statt. Hindu-Pilger aus der ganzen Welt kommen zu den Feierlichkeiten, um an den Badetagen rituelle Waschungen an den Ghats der Flüsse zu vollziehen. Mehr als 30 Millionen Hindus wurden diesmal zwischen dem 22. April und dem 21. Mai 2016 in Ujjain erwartet. Bei der letzten Kumbh Mela im Jahre 2013 in Allahabad zählte man mehr als 34 Millionen Gläubige.

Pünktlich um 3 Uhr in der Früh fuhren wir in die Stadt ein. Mehrere Checkposts der Polizei waren zu passieren, bevor wir uns auf die Suche nach einem geeigneten Abstellplatz für unsere Motorräder und dem Gepäck machen konnten. Die Straßen waren bereits um diese Uhrzeit überfüllt. Es war sehr schwer durchzukommen. Ich hatte keine Ahnung, wo es genau hin gehen sollte, fuhr deshalb einmal nach Gefühl in eine Richtung los. Der Blick von der ersten Brücke auf die badenden Massen lies sofort erahnen, mit was wir es an diesem Tag zu tun bekommen.

Bei der nächsten Polizeisperre in Richtung Zentrum war dann vorerst Schluss. Die Beamten wollten uns nicht weiterfahren lassen, die Straße war vollständig für die Parade der Sadhus und Gurus gesperrt. Nach einem zuerst eher angespannten Gespräch mit dem örtlichen Einsatzleiter, erlaubte er uns schließlich, unsere Motorräder mitsamt Gepäck an einer provisorischen Polizeidienststelle abzustellen. Wir waren also mitten im Geschehen, konnten bedenkenlos unsere Bikes und Rucksäcke zurücklassen um dann von den Massen in Richtung Ghats getrieben zu werden.

Die Straße war mit mobilen Polizeibarrikaden in zwei Hälften geteilt. Auf der linken Seite befanden sich, die Pilger das Gedränge, in dem man pausenlos herumgeschubst wurde. Die andere Straßenseite war fast leer. Sie wurde freigehalten für den Corso der Sadhus, den Gurus in ihren Fahrzeugen, also den Priestern und heiligen Männern mit ihrer Gefolgschaft, die in diesem Korridor an der jubelnden Menge vorbei defilierten. Mir war dieses Gedränge zu intensiv, worauf hin wir kurzerhand über die Barrikaden kletterten – damit waren wir im eigentlichen Geschehen. Normalerweise ist es Pilgern nicht erlaubt, sich in die Parade zu mischen. Die Polizei achtet sehr genau darauf, greift auch sehr gerne leichtfertig zu ihren Schlagstöcken, wenn jemand der Pilger dagegen verstößt. Aber als einzige westliche Ausländer mit einem riesigen Fotoapparat wurden wir gerne als Teil des Corsos gesehen und sehr freundlich von den Beamten und den Zuschauern in die Feier einbezogen.

Wir wurden wirklich sehr freundlich von den Menschen aufgenommen, jeder wollte mit uns ein Selfie machen oder forderte mich auf, selbst ein Foto von ihm zu schießen. Zum Zeichen der Zugehörigkeit, wurde uns ebenfalls der „Helm“  mit oranger Farbe zugepappt. Die Stimmung war der Leute war ausgelassen euphorisch, richtig übergedreht – eigentlich wie um 10 Uhr Abends auf dem Münchner Oktoberfest – statt einem Maß Bier nehmen die Pilger halt zwischendurch einen Joint.

Die Polizei ging ziemlich Rüde mit den Zuschauern um, sperrte sie hinter die Barrikaden und sorgte dafür, dass niemand zur Wagenkolonne durchkam. Wir beide waren von den Gurus akzeptiert, sozusagen adoptiert und konnten uns somit überall frei bewegen.

Einer der Polizisten hatte sich in Nigel’s IPhone verliebt und ihn deswegen für einen längeren Zeitraum als „Private Security“ begleitet. Für ihn war es eine ziemlich unangenehme Situation, weil der von dem Wachmann des öfteren indirekt bedrängt wurde, das Telefon rauszurücken. All zu forsch konnte er ihn auch nicht abweisen, schließlich ging es auch um den privilegierten „Guru-Status“ als Teil des Auto-Corsos. Offensichtlich hat er mit freundlicher Kiwi-Diplomatie den Beamten so entnervt, dass dieser ohne die begehrte Beute abzog.

Am heiligen Fluss angekommen, stürzen sich die Gläubigen an den Ghats in das Wasser, um ihre rituellen Waschungen zu vollziehen. Das ist der eigentliche Höhepunkt für jeden Hindu. Nachdem wir die einzigen westlichen Ausländer an diesem Ort waren, wurden wir natürlich sofort vom regionalen Fernsehen interviewt.

Wir waren insgesamt 8 Stunden in diesem Trubel unterwegs, bevor wir wieder an die Polizeistation zu unseren Motorrädern zurückkamen. Dort wurden wir Zeugen einer besonderen Geschichte: Ein junger Mann hatte in Mitten der Menschenmenge eine Tasche mit 1 Lakh Rupies (100.000!) verloren – also dem Jahresgehalt eines LKW-Fahrers. Wie man später aus den Zeitungen entnehmen konnten, waren an diesem Tag mehr als 3 Millionen Besucher  zur Kumbh Mela anwesend. Als er zur Polizei kam um den Verlust anzuzeigen, war das Geld bereits abgegeben worden und konnte ihm wieder übergeben werden.

Etwa 2 Wochen später bin ich nochmals alleine auf die Kumbh Mela gefahren. Es war der letzte Tag der Feierlichkeiten, der Hauptbadetag an dem sich die Naga Babas – also die nackten Sadhus aus den Bergen an den Ghats treffen. Die Naga Babas, die heiligen Männer, werden von Gläubigen Hindus zum Teil wie Götter verehrt. An diesem Tag waren mehr als 9 Millionen Menschen anwesend. Als ich um Mitternacht aus dem 50 Km entfernten Indore nach Ujjain aufgebrochen war, konnte ich meinen Augen nicht trauen. Die zweispurige Autobahn in Richtung Ujjain war über die gesamte Strecke verstopft, im Stop-and-go Verkehr dauerte es sogar mit dem Motorrad mehr als 3 Stunden um zum Fest zu gelangen. Eigentlich sollte dieser Tag das Highlight meiner Reise werden, da die Naga Babas  für ihre besonderen Fähigkeiten und besonderen Riten bekannt sind. Mir waren diese Menschenmassen einfach zu viel – in der Stadt gab es an diesem Tag auch zu Fuß kein durchkommen. Deshalb hatte ich nach 3-4 Stunden und einigen missglückten Anläufen, zu den interessanten Orten zu gelangen, meinen Besuch der Kumbh Mela wieder abgebrochen – vielleicht schaffe ich es ja in den kommenden Jahren nochmals, zu dieser Veranstaltung zu kommen.

Besonders auffallend war der Naga Baba mit seinem überdimensionalen Intimpiercing.

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