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Himalaya Trek 2012 – Von Leh nach Kargil 1

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Übersicht

Kargil, Narowal, Punjab, Pakistan

Leh, Himachal Pradesh 175035, India

Die lokale Story – was so passiert ist

Wie lange dieser Treck in Richtung Süden und Westen von Leh bis nach Kargil dauern würde, konnte mir niemand sagen. Die Route die ich mir zusammengestellt hatte, bestand zum Teil aus Abschnitten von klassischen Zanskar-Standard-Trecks und eigenen, kaum von Touristen oder Einheimischen begangenen Wegen. Die Unterlippe war abgeheilt, sicherheitshalber für zehn Tage Verpflegung und Brennstoff in den Rucksack verpackt und all das nicht benötigte Gepäck voraus nach Kargil in ein Hotel versandt. Geplant war im ersten Teilabschnitt von Spituk aus, einem Ort 10 Km südlich von Leh gelegen nach Süden ins Markha-Valley zu marschieren, von dort in Richtung Osten den Zanskar-Fluss zu überqueren und weiter bis zum klassischen Lamayuru – Padum – Treck zu gehen um dann entlang dieser Strecke wieder in den Süden bis nach Lingshed zu laufen. Bis hierhin sind es eigentlich typische Touristen-Trecks, an denen mit etwas Infrastruktur zu rechnen war. Ab Lingshed gings dann wieder nach Osten über Dibling bis Rangdum um dann von diesem Ort aus nach Norden, nach Kargil weiterzuwandern. Mehrere Tage dieses zweiten Abschnittes wurden kaum begangen, weder von Touristen noch von Einheimischen – wenn man sie halbwegs heil überwunden hat, weiß man im Nachhinein warum auf diesen Routen sehr wenige Leute unterwegs sind. Der genaue Weg kann über den Tracklog auf Google Maps nachvollzogen werden.

Die ersten Tage waren einfach, auf den schmalen Fusswegen war relativ viele Menschen unterwegs – Pferdeführer liefen mit ihren Tieren und dem Gepäck voraus, während die meist europäischen Trecker mit Guide und leichter Ausrüstung gemächlich hinterher zockelten. Immer wenn ich auf eine Gruppe von Touristen oder Einheimische traf waren die Leute erstaunt, dass es jemanden gibt, der in den Bergen sein Gepäck selbst trägt. Für viele ist es unverständlich, mit 40 Kg am Rücken durch die Landschaft zu laufen, wenn man die Gelegenheit hat die Ausrüstung auf Tiere oder Träger zu verladen. Noch dazu, da diese Transportleistungen für westliche Verhältnisse relativ günstig sind. Nach dem üblichen „Aha, strong man“ – Ausspruch folgte meist ein mitleidiges Lächeln.

Auf Grund vorangegangener Erfahrungen in Indien Träger zu engagieren käme für mich nicht in Frage – im Gegensatz zu Nepal sind indische Porter nicht gewohnt, mehr als 20 Kg zu tragen (inkl. ihres eigenen Gepäckes) und länger als 5 oder 6 Stunden zu gehen. In Uttarakhand hatte ich mehrere Tage versucht, einen zuverlässigen Begleiter zu finden, der mir einen Teil des Gepäcks abnimmt und mit mir meine Tagesetappen geht – keine Chance.

Am ersten Tag auf meinem Weg nach Kargil war ich auf James, einen etwa gleichaltrigen Engländer der in Honkong an der Universität lehrt, getroffen. Er hatte sich für einen 7-tägigen Treck durch das Markha-Valley in Leh einen Träger für seinen 20 Kg – Rucksack engagiert und wir gingen ein paar Stunden gemeinsam des Weges. Er erzählte mir die Geschichte von dem jungen Mann – er wollte etwas Gutes tun, beschäftigte deshalb einen jungen Ladakhi, einen studierender Teilzeit-Träger mit kleinem Kind zuhause, der gleichzeitig auch seine Eltern unterstützen musste. Auf Grund dieses Lebenslaufes bezahlte er ihm täglich freiwillig so viel, wie man normalerweise für 5 Pferde inklusive des Pferdeführers bezahlen würde. Abgesehen dass ich den Wahrheitsgehalt dieser Geschichte bezweifle – der junge Mann war nach 3 Stunden völlig fertig, erschöpft, total ausgepowert und konnte keinen Schritt mehr gehen – sie mussten die Tagesetappe früher beenden als geplant. Ich weiß nicht wie diese (Tor)Tour weiter verlaufen ist, aber ich schätze aus den geplanten 7 Tagen wurden sicherlich zehn Tage oder mehr. Nachdem ich gewohnt bin, zehn Stunden oder länger täglich unterwegs zu sein, wäre mir das Risiko zu groß, auf einen einheimischen Träger angewiesen zu sein.

Mit den Pferdeführern verhält es sich ähnlich. Abgesehen davon, dass es in der Hochsaison kaum möglich ist einen Pferdeführer zu finden der mit sich mit weniger als 5 oder 6 Pferden auf den Weg macht, sind auch die Horseman daran gewöhnt normale, touristische Tagesetappen zu laufen. Das heißt, im Regelfall ist nach 5 oder 6 Stunden das Tagesziel erreicht und die Zelte werden aufgebaut. Wenn man sie nach längeren Tagesetappen frägt, dann bekommt man zur Antwort dies sei nicht möglich, weil die Tiere eben genau diese Weideflächen benötigen. Wobei es sich aber um nichts anderes als nur um eine billige Ausrede handeln kann, weil wenn Pferdeführer nach Abschluss eines Trecks ihre Tiere wieder an den Ausgangspunkt zurück überstellen, bewältigen sie die zuvor mit der Grupppe begangene Strecke meist in einem Drittel der Zeit. Der Hintergrund ist eher, dass die Pferde auf Tagesbasis gemietet werden, d.h. wenn er mit Touristen 10 Tage unterwegs ist, bekommt er für jedes Pferd täglich eine bestimmte Summe – würde er mit mir für die gleiche Strecke in nur fünf Tage absolvieren, hätte er sozusagen für die doppelte Arbeit den halben Lohn. Dies möchte sich natürlich niemand freiwillig antun, vor allem zu einer Jahreszeit, in der die Nachfrage nach Tragpferden größer ist, als das Angebot. Ich hätte also einen Pferdeführer finden müssen, der mit mir diese Strecke mit mehr Pferden als notwendig bewältigt ( ein Pferd kann 60 Kg tragen – ich hatte gerade einmal 40 Kg abzugeben) und ihn dann auch noch für weit mehr Tage entlohnen müssen als wir wirklich unterwegs gewesen wären. Dies konnte dann wirklich ins Geld gehen, was es mir schlussendlich nicht Wert war.

Durch eine Vielzahl von unterschiedlich anmutenden Landschaften wandernd, spielten die Hügel und Berge ihre Farbenpracht aus – karstige, rot-, schwarz-, gelb-, braun- und grüngefärbte Berghänge wechselten sich mit fruchtbaren Oasen an wilden Flüssen, enge Schluchten mit weiten Tälern, verschlafene Ortschaften folgten auf steile Pässe, stundenlange Einsamkeit kam nach der meist morgendlichen Flut an entgegenkommenden Trekking-Touristen. Für Abwechslung, Anstrengung und auch Aufregung war gesorgt im Zanskar-Gebiet, bei Tagestemperaturen von bis zu 41 Grad Celsius und anschließendem Frost bei Nacht.

Der Zanskar-Fluss selbst war in einem Metallkorb an einem Seil zu überqueren. Ein wenig Aufregung war dabei, weil man zuvor wegen einer Reparatur des Seiles knapp 2 Stunden warten musste. Nachdem ich nicht als erster die Überfahrt antreten musste, war die Fahrt relativ entspannt.

Weniger entspannt, richtig aufgeregt und völlig außer mir war ich durch ein Erlebnis, von dem ich glaube, dass es eine ganz besondere, einmalige und sensationelle Beobachtung in meinem Leben gewesen war, sozusagen mein persönlicher Lotto-Jackpot – neben dem glimpflichen Ausgang diverser Abstürze und Unfälle – auf dieser Reise. Auf Grund der rapiden Gewichtsabnahme hatte ich teilweise die Tagesetappen etwas verkürzt, indem ich morgens nicht wie sonst üblich bereits um 6 Uhr aufbrach, sondern erst gegen 8 Uhr oder etwas später. Nach der Überquerung eines relativ anstrengenden Passes, konnte ich durch diese Verzögerung live miterleben, wie auf der anderen Seite der Schlucht ein Schneeleopard eine Schafherde überfallen und eines der Tiere gerissen hatte – ein Ereignis, für das professionelle Naturfotografen oder Fernsehteams nachgewiesenermaßen mehrere Jahre benötigen, um es auf Foto oder Film zu bannen. Was von so einem Schaf übrig bleibt wenn es einem Schneeleoparden in die Fänge gerät, kann man am zweiten Foto erkennen. Mehr Details und Fotos dazu gibt es dann später im Vortrag.

Die Menschen sind durchwegs freundlich und nett in Zanskar, Erwachsene gleichsam wie Kinder. Haupteinnahmequelle in den Ortschaften entlang der Trekkingrouten ist der Tourismus – ein Grundangebot an Infrastruktur ist vorhanden, d.h. Schlafmöglichkeiten und Verpflegung in privaten Guest- und Teahouses und mit etwas Glück auch die Möglichkeit, Batterien mit Hilfe von Solarstrom wieder aufzuladen.

Jimmy hieß mein neuer Freund, ebenso Esel wie ich und zum Tragen geboren – aber im Vergleich zu mir hatte er mehr Haare am Kopf, längere Ohren und vier Beine. Kurz vor Lingshed, meinem letzten Ziel entlang der häufig genutzten Trecks, hatten wir uns gefunden. Er, sein „Donkey-man“ und ich. Nachdem wir den gleichen Weg zu bewältigen hatten und die Tragetiere ohne Fracht unterwegs waren, wurde mein Rucksack für 2 Stunden auf Jimmi’s Rücken verladen und über einen Pass geschleppt. Wandern ohne Last am Rücken ist ein wirklicher Genuss in dieser Region, wie ich jetzt auch aus eigener Erfahrung bestätigen kann.

Ab hier war’s vorbei mit den entspannten Trekking-Routen – der Weg nach Rangdum war weitaus schwieriger und herausfordernder – dazu dann mehr im nächsten Beitrag
LG Heinz

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